Der Nienburger Paul Hildebrandt kann beides: Fußball und Handball – und das auch noch in hohen Ligen
Nienburg. Egal, ob er mit dem Fuß gegen den Ball tritt oder ihn mit der Hand durch die Halle schleudert, die Konkurrenz muss sich warm anziehen. Paul Hildebrandt kann beides hervorragend: Hand- und Fußball.
Der talentierte Nienburger hat den Sprung vom Jugend- in den Herrenbereich – im wahrsten Sinne des Wortes – spielend gemeistert. Sowohl beim SV BE Steimbke in der Bezirksliga als auch bei der HSG Nienburg in der Oberliga könnte der 19-Jährige sportlich voll durchstarten und bringt, wie alle seine Trainer bestätigen, sogar reichlich Potenzial zum Führungsspieler mit.
Aber gelingt ihm auch zukünftig die Balance zwischen den beiden Sportarten?
Im HARKE-Gespräch verrät Hildebrandt, er wolle sich auf eine der beiden konzentrieren.
Die Doppel-Karriere bahnte sich nicht unbedingt an. Schon mit seinem Vater Andreas kickte der kleine Paul viele Abende im Garten, mit sechs Jahren schnürte er erstmals im Verein die Fußballschuhe. Mit Papas liebster Sportart Tennis wurde er jedoch nie ganz grün. Familie Hildebrandt wohnte damals noch in Rodewald, 2013 stand dann der Umzug nach Nienburg an und für den begabten Junior auch der Umzug in eine neue Sportart. Zusammen mit Kumpel Finn Kühlcke ging es erstmals zum Handball. Er erinnert sich: „Einige andere Freunde spielten auch Handball, und eigentlich hatte ich neben Schule und Fußball noch zu viel Langeweile – ich wollte einfach noch etwas anderes machen. Ich war auch mal eine Zeit lang beim Leichtathletik-Training, aber das hat mich nach rund zwei Jahren nicht mehr wirklich gereizt.“
Fußball wurde immer mehr zur Nebensache, Handball rückte in den Fokus. Erst im vergangenen Jahr stand Paul Hildebrandt im Trikot der Steimbker A-Jugend unter Trainer Heiner Schwarck in der Landesliga wieder öfter auf dem Rasen, obwohl er es zum Training nicht so oft schaffte. „Bei Heiner hatte ich schon viele Jahre in der Jugend gespielt, er kennt mich gut und so habe ich dann auf seine Nachfrage hin immer mal wieder ausgeholfen.“ Dabei kam Hildebrandt auf acht Tore.
Vor kurzem gab er nun sein Debüt im Herren-Fußball. Trainer Volker Datan wechselte den jungen offensiven Mittelfeldspieler gegen den TSV Wetschen nach 64 Minuten ein – es dauerte keine drei Minuten, da hatte das Talent bereits sein erstes Bezirksliga-Tor erzielt; 1:1 endete die Partie. Datan lobt: „Ich kenne Paul schon aus der Jugend und dort war in jeder Altersklasse einer der dominanten Spieler. Er hat eine enorme Spielintelligenz, und er könnte mit etwas mehr Training mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem echten Leistungsträger werden.“ Besonders in Anbetracht dessen, dass Steimbkes Mittelfeldregisseur Oliver Poltier immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hat, wäre Hildebrandt eine willkommene sowie hervorragende Alternative.
Seinen Fokus setzt der junge Sportler dennoch auf den Handball. Parallel zu den Stippvisiten bei den Fußballern der Steimbker A-Junioren lief er vergangene Saison nicht nur in der A-Jugend der HSG Nienburg auf, er absolvierte auch 22 Spiele für die Herren-Zweitvertretung in der Verbandsliga und netzte dabei 93 Mal ein – er war bester Nienburger Torjäger und maßgeblich daran beteiligt, dass das Team von Coach Steven Schäfer überhaupt die Klasse hielt.
Hin und wieder durfte der Youngster auch schon bei der Oberliga-Sieben um Trainer Carsten Thomas reinschnuppern. Diese kurzen Gastauftritte könnten sogar in absehbarer Zukunft häufiger werden, auch wenn Zweite-Coach Schäfer ihn natürlich gern behalten würde: „Paul übernimmt Verantwortung, versucht das Wort zu führen und ist sehr ehrgeizig. Dass er erst spät mit dem Handball angefangen hat, merkt man nur selten, er lässt kaum ein Training aus. Wenn er noch etwas körperlich zulegt, wird er für uns kaum noch zu halten sein.“
Darüber dürfte sich Carsten Thomas wiederum freuen, der im Übrigen einst mit Paul Hildebrandts Vater Andreas gemeinsam Tennis in der Verbandsliga spielte: „Ich kenne Paul schon lange, hätte aber nie gedacht, dass er eines Tages Handball dem Fußball bevorzugt. Aktuell trainiert er schon regelmäßig bei uns in der Ersten. Paul hat einen riesigen Willen, saugt alles Wissen und Gezeigte auf und setzt es um. Ich könnte ihn bereits jederzeit bringen; er ist zweifelsfrei unsere Zukunft im Rückraum. Auch zwischenmenschlich gibt es wenig zu mosern, Paul ist einfach ein feiner Kerl.“ Da der Kader der Oberliga-Mannschaft aber ohnehin momentan mit 14 Leuten solide aufgestellt ist, steht für Hildebrandt weiterhin die Torejagd in der Verbandsliga auf der Agenda. Damit hat er aber kein Problem: „Ich spiele sehr gerne in der Zweiten, das ist vollkommen in Ordnung. So kann ich viele Einsatzminuten und Erfahrung sammeln.“
Sitzt Paul Hildebrandt daheim vorm Fernseher und hat die Wahl zwischen Hand- und Fußball, entscheidet er sich für das Erstere. „Beim Handball ist einfach mehr los, da ist viel mehr Action. Langweilige Bundesliga-Konferenzen mit drei Toren jucken mich nicht so.“
Fernab vom Sport studiert der Youngster Bauingenieurwesen in Hannover, startet in sein drittes Semester. Von der niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr hat er ein Stipendium erhalten – mit anschließender Übernahmegarantie. Zwischen Weser und Leine pendelt der 19-Jährige aktuell, wohnt weiterhin zu Hause. „Bislang hatte ich noch nicht das Verlangen nach Hannover zu ziehen. Gemeinsam mit Finn Kühlcke schauen wir aber gerade, ob wir vielleicht etwas Passendes für eine WG finden.“
Was er denn nun lieber spiele: Hand- oder Fußball? „Das kann ich nicht sagen“, überlegt Hildebrandt, „ich habe mich jetzt für Handball entschieden, um mich auf eine Sportart zu konzentrieren. Handball ist die Priorität, Fußball spiele ich, wenn es die Zeit zulässt.“
Aus "Die Harke" vom 15.10.2019