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Das Problem: Berechenbarkeit

Fußball-Landesliga: Steimbke fehlen die Kreativspieler mehr denn je

Steimbke. Irgendwo zwischen ratlos und enttäuscht saß Torben Brauer nach dem Abpfiff auf dem Rasen des Waldstadions, als ein Zuschauer an ihm vorbeimarschierte, um ein Wort des Trostes loszuwerden. „Was würdest du machen?“, fragte Brauer – in der absurden Hoffnung, dass der nette Herr vielleicht irgendwo einen Knopf dabei hat, der aus einem Verlierer-Team per übernatürlichem Mechanismus ein Gewinner-Team macht. Er hatte keinen dabei.

Was die Fußballer des SV BE Steimbke zurzeit so ratlos zurücklässt, ist die Tatsache, dass sie keineswegs überfordert sind in der Landesliga. Überfordert ist ein Team, wenn es jede Woche mit vier Toren Unterschied gegrillt wird. Der SV BE verliert seine Spiele im Schnitt mit 1:3. Das ist in der Summe nicht gut, aber das wirkt bei nüchterner Betrachtung reparabel. Aber niemand findet den Schraubenzieher, um die Justierung zu verändern.

Sönke Bremermann ist im Steimbker Mittelfeld für defensive Stabilität verantwortlich. Ein Spielmacher ist er jedoch nicht – hier wird er von Burgdorfs Timo Kuhlgatz hart gebremst.

Sönke Bremermann ist im Steimbker Mittelfeld für defensive Stabilität verantwortlich. Ein Spielmacher ist er jedoch nicht – hier wird er von Burgdorfs Timo Kuhlgatz hart gebremst.Foto: Schwiersch

Vor einem Jahr hatten die Steimbker am siebten Spieltag elf Tore erzielt, aktuell sind es neun. Allerdings standen vor zwölf Monaten lediglich sieben Gegentore auf dem Konto, heute 24. Nun aber allein die Schuld bei der Abwehr abzuladen, wäre zu kurz gedacht.

Dabei ist unstrittig, dass der Abgang von Innenverteidiger und Vize-Kapitän Jan Dase Richtung Oberligist Wunstorf eine Lücke riss. Die war bisher nicht durch Rückkehrer Arnold Schneider zu stopfen, der ein Jahr Landesliga-Abstinenz nicht von heute auf morgen abstreifen kann und zudem am Sonntag eine Gelb-Rot-Sperre absitzen musste. Die kann bisher auch Kapitän Mirko Theiss nicht schließen, der nach langer verletzungsbedingter Pause noch längst nicht wieder der Alte ist, am Sonntag an Burgdorfs Sturmbullen Jonas Kümme immer wieder abprallte, ihm aber keinen Nasenring anlegen konnte.

Sönke Bremermann ist im Steimbker Mittelfeld für defensive Stabilität verantwortlich. Ein Spielmacher ist er jedoch nicht – hier wird er von Burgdorfs Timo Kuhlgatz hart gebremst.

Steimbes Trainer Volker Datan fehlen zurzeit wichtige Schlüsselspieler.Foto: Schwiersch

Auch Julian Ahrens (19) ist dafür noch nicht bereit, der Polizeischüler wurde vorgestern spät eingewechselt, sah eine strenge Rote Karte für ein Handspiel im Strafraum, kann die Sperre aber während seiner dreimonatigen dienstbedingten Abstinenz absitzen. Das eigentliche Steimbker Problem steckt nicht allein in der Abwehr. Sondern im Bereich davor. Dort, wo das Spiel kontrolliert wird, im Mittelfeld, bekommt Steimbke keinen Zugriff. Dabei spielen hier gute Leute. Aber zurzeit zu wenig Ideengeber.

Sönke Bremermann ist Steimbkes Lunge, ist eigentlich der Garant für defensive Balance und Stabilität. Ümit Tavan daneben ist ebenfalls defensiv orientiert, beide gewinnen ihre Zweikämpfe und pushen, sind aber keine Männer für Überraschungsmomente. Die Männer fürs Kreative sind entweder verletzt, noch nicht fit oder nicht mehr da. Oliver Poltier, die Seele des Steimbker Offensivspiels: hat dauerhafte Probleme im Leistenbereich, wartet auf einen MRT-Termin. Ole Wesemann: hochtalentierter junger Mann, der aber zunächst seinen Trainingsrückstand aufholen muss.

Jan Kramer-Hoffmann: war zuletzt Steimbkes bester Knipser, kommt mit Power über die Seite, verletzte sich aber am Sonntag bei seinem Comeback in der Zweitvertretung erneut im Lendenwirbelbereich.

Sönke Bremermann ist im Steimbker Mittelfeld für defensive Stabilität verantwortlich. Ein Spielmacher ist er jedoch nicht – hier wird er von Burgdorfs Timo Kuhlgatz hart gebremst.

Kleines Bild: Die Steimbker warten sehnlichst darauf, dass Oliver Poltier bald wieder seine Fußballschuhe anzieht.

Angin Haido: ist trickreich und mutig, aber gerade erst dabei, nach zwei Jahren Anlauf den Sprung zu schaffen und aktuell muskelverletzt. Einer wie Thorben Neugebauer war in der Vergangenheit immer ein Spieler mit Technik und Tricks und zudem mit Torriecher bei Standards, doch der ist nicht mehr da. Zusammengefasst: Steimbke fehlen aktuell zu viele Leute, die für Kreativität und Überraschungsmomente stehen.

Ohne Spieler dieser Qualität versuchte es der SV BE gegen Burgdorf vornehmlich über lange Bälle auf den kopfballstarken Faruk Barbaros, der die Mehrzahl seiner Duelle gewann, doch daraus entstand kein einziger zielführender Angriff. Barbaros und sein Sturmpartner Jan Rieckhof wurden nicht einmal in abschlussnahe Position gebracht. Das Spiel der Brigittaner ist im Moment – da lieferte Burgdorf den unübersehbaren Beleg – zu ausrechenbar, zu offensichtlich, zu leicht zu stoppen. „Die Berechenbarkeit ist ein Punkt“, gibt Datan zu. „Uns fehlt im Mittelfeld einer, der dribbeln kann, der mal eins gegen eins geht. Und gegen Burgdorf kamen wir über die Außen auch nicht bis zur Grundlinie durch.“

Nach dem 1:3 und dem damit siebten sieglosen Spiel in Folge fürchtet Datan auch ein wenig um die mentale Verfassung seiner Spieler, durch die späten Gegentore zum 1:3 gab‘s „für die Moral nochmal einen drauf“.

Ansatzpunkte für Zuversicht sind aktuell gut versteckt, aber nicht unsichtbar. Wie die Erkenntnis, dass der SV BE in seinen beiden ersten Landesliga-Jahren ebenso Phasen durchlief, in denen über Wochen Dürre auf dem Punktekonto herrschte; am Ende stand trotzdem jeweils der Klassenerhalt. Da allerdings gab‘s diese Phasen erst in der Rückrunde.

 

Aus "Die Harke" vom 18.09.2018